Messsysteme
Im Folgenden findet sich eine Beschreibung der verschiedenen Messgeräte, die während der Messkampagne Swabian MOSES im Bereich Schwäbische Alb, Neckartal und Filder zum Einsatz kommen.
Einige spezielle, hochkomplexe Messgeräte sind an den Hauptstandorten (Messstationen) der Kampagne errichtet. Hierzu zählen beispielsweise ein Niederschlagsradar oder spezielle Aerosolmessgeräte. Mit weiteren Messgeräten, die in größerer Stückzahl vorhanden sind, lassen sich ganze Sensornetzwerke aufspannen. Beispielsweise kommen insgesamt 23 Distrometer zur lokalen Niederschlagsmessung zum Einsatz. Darüber hinaus ermöglichen mobile Messsysteme flexible Untersuchungen, wie beispielsweise ein Rover, der mit Neutronensensoren zur kontinuierlichen Messung der Bodenfeuchte bestückt ist. Zwei Forschungsflugzeuge liefern an Tagen mit besonders hoher Gewitteraktivität wichtige Daten über die vorherrschenden Strömungsverhältnisse.
Informationen zum wissenschaftlichen Hintergrund der Messungen und zu den Forschungszielen finden sich hier.
KITcube
KITcube - Integriertes atmosphärisches Beobachtungssystem
Die folgenden Beschreibungen geben einen kurzen Überblick über den KITcube sowie über die Funktionsweise und den Nutzen der verschiedenen KITcube-Messgeräte. Tiefergehende wissenschaftliche Details, technische Spezifikationen und ein Rückblick auf den Einsatz des KITcube bei früheren Kampagnen finden sich auf der KITcube Homepage. |
KITcube ist das hoch entwickelte, integrierte Atmosphärenbeobachtungssystem des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung, Abteilung Troposphärenforschung (IMK-TRO). KITcube besteht aus einer mobilen Anlage für den weltweiten Einsatz und einem stationären Observatorium für die kontinuierliche Überwachung.
Der mobile KITcube kombiniert hochauflösende Messungen von scannenden Fernerkundungssystemen (z.B. Windlidar, X-Band Niederschlagsradar, Feuchte- und Temperaturprofiler, Sonnenphotometer, Wasserdampf- und Wolkenkamerasysteme, u.v.m.) mit klassischen in situ Instrumenten auf Messmasten und an Wetterballons (lokale Messungen). Durch vollständig koordinierte Scans der Systeme ist der KITcube ein sehr gut geeignetes Beobachtungssystem für Studien von Gewittern, atmosphärischer Konvektion, Wolken und Niederschlag. Der mobile KITcube Hauptstandort während der Messkampagne Swabian MOSES liegt in Rottenburg am Neckar, das X-Band Niederschlagsradar ist in Nürtingen installiert.
Der stationäre KITcube am KIT-Campus Nord in Eggenstein-Leopoldshafen nördlich von Karlsruhe besteht unter anderem aus dem 200 Meter hohen Meteorologiemast, der seit 1972 im Dauerbetrieb Lufttemperatur, -feuchte, Wind und Turbulenz misst, und einem modernen C-Band Niederschlagsradar. Der stationäre KITcube fungiert zudem als permanente AERONET-Station "Karlsruhe", der mobile KITcube als zusätzliche temporäre Station bei Messkampagnen wie Swabian MOSES ("KITcube_Rottenburg"). Damit tragen beide zu einer weltweiten Datenbank für Aerosol- und Strahlungsmessungen bei.
Niederschlagsmessung (Distrometer)
Mit einem Distrometer lässt sich das Größenspektrum von Hydrometeoren (Regentropfen, Hagel, Graupel, Schneeflocke etc.) bestimmen. Hydrometeore wie beispielsweise Regentropfen weisen unterschiedliche Durchmesser auf, vom klassischen, feinen Nieselregen bis hin zum sommerlichen Platzregen mit großen Tropfen. Mit Hilfe eines Distrometers lässt sich bestimmen, welchen Durchmesser die Tropfen haben, die in einer bestimmten Zeit durch den Sensor fallen. Eine Annahme über die Tropfengrößenverteilung, das sogenannte Tropfenspektrum, ist für die Umrechnung der von flächenhaft gemessenen Radarreflektivität auf die Niederschlagsintensität (Millimeter pro Stunde = Liter pro Quadratmeter und Stunde), wie sie in Regenradarprodukten von Wetterdiensten häufig dargestellt ist, zwingend notwendig.
Verwendet werden während der Messkampagne Swabian MOSES sogenannte Parsivel-Distrometer (Particel Size and Velocity), welche in der Lage sind, mittels eines Lasers Tropfengröße und -geschwindigkeit getrennt voneinander zu messen. Dabei ist ein ganzes Netzwerk aus insgesamt 23 Parsivel-Distrometern installiert, welches Informationen über das Tropfenspektrum und die Niederschlagsmenge im Neckartal und auf der Schwäbischen Alb liefert.
Energiebilanzstation
An einer Energiebilanzstation befinden sich zunächst Messgeräte, die den Luftdruck (Barometer), die Lufttemperatur (Thermometer) und die Lufteuchte (Hygrometer) vor Ort messen. Mit einem Ombrometer ("Niederschlagstopf") wird die gefallene Niederschlagsmenge bestimmt.
Darüber hinaus besitzt eine Energiebilanzstation viele spezielle Sensoren, die Energie- und Massenflüsse messen können. Diese sind für das Verständnis der Wärme- und Feuchteentwicklung und somit auch für die Auswirkungen von Hitzewellen und Dürren essentiell (s. Forschungsziele).
- Ultraschallanemometer: Neben dreidimensionaler Windrichtung und -geschwindigkeit ist mit Hilfe von Ultraschallwellen die lokale Bestimmung des Impulsflusses und des fühlbaren Wärmeflusses in 4 Metern Höhe über Grund möglich.
- Pyranometer: Messung der kurzwelligen solaren Einstrahlung (Globalstrahlung) sowie der an der Erdoberfläche reflektierten solaren Strahlung (Reflexstrahlung) in 3 Metern Höhe, sodass sich zusätzlich die Albedo der Erdoberfläche bestimmen lässt.
- Pyrgeometer: Pendant zum Pyranometer für langwellige, terrestrische Strahlung
- Bodenwärmestromplatten: Messung des Wärmetransports vom Erdboden in die Atmosphäre und andersherum in 5 Zentimetern Tiefe
- Strahlungsthermometer: Bestimmung der Oberflächentemperatur
- Inklinometer: elektrischer Neigungsmesser
- SISOMOP: Bodentemperatur und Bodenfeuchte in drei Tiefen
- Feuchte- und Kohlenstoffdioxid-Sensor: Messung von CO2- und Wasserdampf-Konzentrationen und den entsprechenden CO2- und latenten Wärmeflüssen
Radiosonden
Radiosonden an Wetterballons liefern Informationen über das Vertikalprofil meteorologischer Größen. S. Ballonsondierungen.
Niederschlagsmessung
Das X-Band Niederschlagsradar Meteor50DX ist auf einem KFZ-Anhänger montiert und somit mobil. Zur volumenhaften Niederschlagsmessung in einem Umkreis von 100 Kilometern sendet es kurze Pulse gebündelter elektromagnetischer Strahlung im Frequenzbereich von Radiowellen (genauer: Mikrowellen) in eine gewünschte Raumrichtung, die von verschiedenen Streukörpern in der Atmosphäre wie beispielsweise Hydrometeoren (Regen, Schnee, Graupel, Hagel) im durchlaufenen Luftvolumen gestreut werden. Der rückgestreute Anteil wird von der Radarantenne empfangen und in ein digitales Signal umgewandelt. Aus den Eigenschaften des empfangenen Signals (Radarechos) können unter anderem Rückschlüsse auf die Position von Streukörpern und deren Rückstreuung gezogen werden. Das X-Band Radar ist zudem in der Lage, die Doppler-Geschwindigkeit atmosphärischer Streuekörper zu messen sowie zwei Polarisationsebenen der Mikrowellen (horizontal und vertikal) auszuwerten.
Damit der Anhänger nicht so groß wird, dass er als Schwerlasttransport behandelt werden muss, sind Kompromisse nötig. So arbeitet diese Radar im X-Band, d.h. bei einer Wellenlänge von 3 Zentimetern. Der Durchmesser der Antenne ist (über das Radom) durch die maximale Fahrzeugbreite beschränkt. Die im Vergleich zu C-Band Radaren (wie die des Radarverbunds des DWD) erhöhte Dämpfung der Strahlung, insbesondere im Niederschlag, ist eine weitere Beschränkung, die man in Kauf nehmen muss.
Zum Ausgleich ist das Radar sehr flexibel an Stellen einsetzbar, die von operationellen Geräten nicht oder nur schlecht abgedeckt werden können. Hier liefert es neben der Reflektivität eben auch die radiale Geschwindigkeitskomponente sowie die polarimetrischen Größen wie differentzielle Reflektivität, (spezifische) differenzielle Phase und den Korrelationskoeffizienten zwischen horizontaler und vertikaler Polarisation, welche unter anderem Rückschlüsse auf die Art der Hydrometeore erlauben.
Wolkenbestimmung
- Wolkenradar: Das scannende FMCW-Wolkenradar des KITcube ermöglicht hochauflösende Messungen von Nebel und Wolken in der Umgebung. FMCW steht dabei für frequency modulated continuous wave und bedeutet, dass das Radar kontinuierliche Signale aussendet, im Gegensatz z.B. zu den gepulsten Signalen des X-Band Radars. Über den Doppler-Effekt sind auch mit dem Wolkenradar Messungen von Windgeschwindigkeitskomponenten möglich.
- Wolkenkamera: Um das Wolkenbild und andere sichtbare Erscheinungen in ihrem Zeitverlauf zu dokumentieren, verfügt der KITcube über zwei Wolkenkamerasysteme, die beide mit jeweils zwei Bildsensoren und Objektiven ausgestattet sind. Je Kamerasystem wird in einem Öffnungswinkel von 90° in horizontaler Richtung (Landcam) sowie mit einem Öffnungswinkel von 180° in den Zenit (Skycam) fotografiert. Die Skycam erffast den gesamten oberen Halbraum und gibt einen Überblick über das gesamte Wolkenbild am Himmel.
- Ceilometer: Das Ceilometer bestimmt mit einer zeitlichen Auflösung von einer Minute von bis zu drei Wolkenschichten die Wolkenunterkanten und Eindringtiefen aus dem unkalibrierten Signal eines vertikal ausgerichteten Lasers (Frequenzbereich nahe dem sichtbaren Bereich).
Windmessungen
Die Lidar-Technik ist eine der fortschrittlichsten Techniken zur aktiven Fernerkundung der Atmosphäre. Der Begriff Lidar ist ein Akronym für Light Detection And Ranging und somit direkt angelehnt an das bekanntere Radar-Verfahren. Im Gegensatz zu den dort genutzten Radiowellen, verwendet die Lidar-Technik jedoch elektromagnetische Wellen mit wesentlich kürzeren Wellenlängen, die in die Atmosphäre ausgesandt und von dort, an Molekülen oder Aerosolteilchen, reflektiert werden. Aus dem Rückstreusignal können, abhängig von der konkreten Realisation des Lidar-Systems, Informationen zum Aerosolrückstreuverhältnis, zur Extinktion (Absorption + Streuung), zum Depolarisationsverhältnis (und damit zur Form des Streuers), aber auch zum Wind, zur Konzentration von Wasserdampf und anderen Spurengasen bis hin zur Temperatur der Luft abgeleitet werden.
Das Lidar-Netzwerk bei Swabian MOSES besteht aus mehreren bodengebundenen Doppler-Lidar-Systemen, die speziell zur Messung von Wind konzipiert sind. Die Messtechnik basiert auf dem Doppler-Effekt, der die Frequenzverschiebung des gestreuten Lichts an bewegten Objekten beschreibt. Abhängig von verwendeten Scanverfahren können vertikale Profile des horizontalen bzw. vertikalen Windes gemessen werden und Turbulenzgrößen bestimmt werden. Basierend auf dem Signal-zu-Rausch Verhältnis ist zusätzlich eine hoch aufgelöste Bestimmung der Grenzschichthöhe möglich, die auch die Visualisierung von kleinskaligen Einmischprozessen an der Oberkante der Grenzschicht erlaubt.
Temperatur- und Feuchtebestimmung
Scannende passive Mikrowellenradiometer (HATPRO, Humidity and Temperature Profiler) messen die Strahlungstemperatur in verschiedenen Wellenlängen. Daraus werden vertikale Temperatur- und Feuchteprofile sowie der vertikal integrierte Flüssigwassergehalt und der vertikal integrierte Wasserdampfgehalt abgeleitet, d.h. die Menge an flüssigem und gasförmigem Wasser in der Luftsäule über dem Radiometer. Zusätzlich wird die Temperatur der Wolkenuntergrenze (sofern vorhanden) aus Messungen mit einem Infrarotradiometer bestimmt.
Aerosolmessung (Photometer)
Das Photometer als Bestandteil des weltweiten Messnetzes AERONET verfolgt, angetrieben durch elektrische Motoren für Azimut- und Zenitwinkel, je nach Modus die Sonne bzw. den Mond. Aus Strahlungsmessungen dieser Lichtquellen wird für bestimmte Wellenlängen beispielsweise die sogenannte Aerosoloptische Dicke abgeleitet. Durch Polarisationsfilter können zudem Informationen über Natur und Form der Aerosole gewonnen werden.
Aerosolmesssysteme
Aerosolmesssysteme
Aerosol-Lidar
Mit einem Aerosol-Lidar (Light Detecting and Ranging) lässt sich die räumliche Verteilung von Aerosolpartikeln und Tropfen in der Atmosphäre berührungsfrei messen. Dazu wird von Partikeln zurückgestreute Laserstrahlung über Entfernungen von mehreren Kilometern mit einem Teleskop verfolgt.
Verwendet wird während der Messkampagne Swabian MOSES ein schwenkbares Raman-Lidar, welches in der Lage ist Aerosolpartikel und Wolkenuntergrenzen über Entfernungen von 6-15 Kilometern zu messen. Dazu sendet das Gerät einen unsichtbaren Laserstrahl (Wellenlänge: 355 nm) aus, dessen Photonen von Aerosolpartikeln und Wolkentropfen zurückgestreut und mit Hilfe eines 20 Zentimeter Teleskops aufgefangen werden. Dabei können Laserstrahl und Teleskop geschwenkt werden und somit räumliche Verteilungen von Aerosolpartikeln bestimmt werden. Die Polarisation des zurückgestreuten Laserlichtes erlaubt dabei Rückschlüsse auf die Form der Partikel.
Die mit Lidarmessungen gewonnenen Informationen zeigen gegenüber bodengebundenen Messungen (s. unten) die vertikale Struktur der Partikelverteilungen, die Zugrichtung von Aerosolwolken, Wolkenuntergrenzen und die Ausdehnung der gut durchmischten Atmosphärenschicht über dem Erdboden.
In situ Aerosolmessgeräte
Mit Kondensationspartikelzählern (CPC, condensation particle counter) lässt sich lokal (in situ) die Anzahl von Aerosolpartikel zuverlässig zählen, die größer als etwa drei Nanometer (Milliardstel Meter) sind. Die Aerosolpartikel werden dabei in einen mit Alkohol oder Wasser gesättigten Behälter gebracht, wo sie durch Kondensation so groß werden, dass sie mittels Lichtstreuung nachgewiesen werden können.
Um die Größe der Aerosolpartikel zu bestimmen, werden zwei verschiedene Verfahren verwendet (s. Foto):
- In einem Größenklassierer (SMPS, scanning mobility particle sizer) werden die Aerosolpartikel entsprechend ihrer elektrischen Mobilität im Größenbereich von 8-1200 Nanometern selektiert und nachfolgend von einem Kondensationspartikelzähler (CPC) gezählt.
- Durch einen optischen Partikelzähler (OPC, optical particle counter) wird die Lichtstreuung an einzelnen Aerosolpartikeln gemessen und aus den Streulichtpulsen kann die Größenverteilung der Partikel im Bereich von 300 Nanometern bis 40 Mikrometern (Millionstel Metern) bestimmt werden.
Mobile Wolkenkammer PINE
PINE (Portable Ice Nucleation Experiment) ist eine mobile Wolkenkammer zur Untersuchung von Eiskeimpartikeln (Ice Nucleating Particles, INPs), die für die Eiskristallbildung in Mischphasenwolken (Temperaturbereich -10°C bis -35°C, wassergesättigte Bedingungen) und Zirruswolken (Temperaturbereich -35°C bis -60°C, wassergesättigte Bedingungen) relevant sind. Ein in der Kammer nachgeschalteter optischer Partikelzähler (fidas-pine, Palas GmbH, Karlsruhe) detektiert dabei die sich bildenden Eiskristalle (die INPs) aufgrund ihres größeren Durchmessers im Vergleich zu Wolkentröpfchen und nicht aktivierten Aerosolpartikeln. Dies ermöglicht die Bestimmung einer temperaturabhängigen INP-Konzentration. Weitere Informationen.
Autoren: Dr. Harald Saathoff, Dr. Ottmar Möhler, IMK-AAF
Ballonsondierungen
Ballonsondierungen
Ballonsondierungen in der Atmosphäre
Die höheren Atmosphärenschichten lassen sich vorzugsweise mit Helium-gefüllten Wetterballons vermessen. An diese Ballons werden verschiedene Messinstrumente gehängt, die dann beim Aufstieg des Ballons (und auch beim späteren Absinken) verschiedene Parameter messen. Die Ballons steigen je nach Größe bis in eine Höhe von 20 bis 35 Kilometern auf und fliegen damit deutlich höher als Flugzeuge. Nach dem Platzen des Ballons beginnt das Absinken, bei dem meist ein Fallschirm zum Einsatz kommt, um das Absinken zu bremsen. So können zum einen Schäden vermieden werden, zum anderen sind dadurch auch beim Absinken Messungen unter kontrollierten Bedingungen möglich.
Im einfachsten Fall wird an einen Wetterballon eine sogenannte Radiosonde gehängt. Diese misst die Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und die Positionsangaben (GPS) und sendet die Information per Funk an die Bodenstation. Zudem ist es möglich, neben der Radiosonde weitere Instrumente an den Wetterballon zu hängen. Das sind dann z.B. ein Ozoninstrument, mit dem sich insbesondere die Ozonschicht in der Stratosphäre vermessen lässt, oder ein präzises Hygrometer, mit dem sich die geringe Wasserdampfkonzentration beim Übergang von der Troposphäre in die Stratosphäre (Tropopause) in einer Höhe von etwa 12 Kilometern genau bestimmen lässt. Je nach Situation kommt auch noch ein Partikelmessinstrument zum Einsatz, mit dem sich Wolkentröpfchen, Eiskristalle oder Staubteilchen in der Atmosphäre genau lokalisieren lassen.
Im Rahmen der Swabian MOSES 2023 Messkampagne werden an zwei Standorten Ballonsondierungen durchgeführt: am Hauptstandort in Villingen-Schwenningen und im Elsass in Frankreich. In Villingen-Schwenningen werden die Wetterballone manuell befüllt und steigen lassen, im Elsass steht ein Autolauncher. Dieser Autolauncher (Vaisala Autosonde AS41) führt vollautomatisch aus der Ferne gesteuert Ballonsondierungen durch.
Fließgewässeruntersuchungen
Fließgewässeruntersuchungen
Messsonden
Während Hochwasserereignissen verändern sich die hydrologischen und wasserchemischen Parameter innerhalb kürzester Zeit. Um diese Dynamik zu erfassen, sind neun kontinuierlich messende Sonden an drei Standorten in den Flüssen Ammer, Steinlach und Goldersbach installiert. Beispielsweise misst die CTD-Turbidity-Sonde (s. Foto) die elektrische Leitfähigkeit, die Wassertemperatur, den Wasserstand und die Trübe. Andere Sonden erfassen die Parameter Sauerstoff, pH und Chlorophyll. Eine dritte vom UFZ entwickelte Sonde gibt Informationen zu dem gelösten organischen Kohlenstoff und den Nitrat-Werten aus.
ISCO Autosampler
Für alle Wasserqualitätsparameter, die nicht mit Sonden erfasst werden können, werden automatische Probenehmer, die sogenannten Autosampler von ISCO (Model 3700; s. Foto) eingesetzt. Eine integrierte Pumpe zieht Wasserproben in vorher definierten Zeitintervallen und befüllt Glasflaschen, die sich im Inneren des Geräts befinden. Indem die Autosampler beispielsweise viermal pro Stunde, also alle 15 Minuten, ein Volumen von 250 Millilitern in dieselbe 1 Liter Flasche pumpen, werden Wassermischproben generiert, die Veränderungen in der Wasserchemie bei Hochwasserereignissen zeitproportional widerspiegeln. Da bei Hochwasser das Wasser in Flüssen in der Regel sehr trüb ist, werden auch Schwebstoffe also suspendierte Feststoff-Partikel mit beprobt. Zusätzlich zu automatisch generierten Wassermischproben, werden an einigen Standorten händische Stichproben entnommen, vor allem um den Schadstoffeintrag durch spezifische Quellen wie urbane Flächen oder Straßenablauf zu entschlüsseln und um zu untersuchen, in wie weit Flüsse Quellen von Treibhausgasen in Abhängigkeit von dem Grad der Ladnutzung im Einzugsgebiet darstellen (s. Forschungziele).
Chemische und bioanalytische Methoden
Die während eines Regenereignisses gesammelten Proben werden im Labor des Geo- und Umweltforschungszentrums der Uni Tübingen aufbereitet. Mittels instrumenteller Analytik sollen anschließend komplexe Chemikalien-Gemische im Wasser identifiziert und deren toxische Wirkungen mittels bioanalytischer Verfahren bestimmt werden. Hierbei werden im Wasser gelöste Schadstoffe und an Partikel gebundene Chemikalien durch Filtration voneinander getrennt und separat voneinander untersucht. Analysen an der Uni Tübingen umfassen beispielsweise Nährstoffe wie Nitrat, Partikelgrößenverteilung und die Bestimmung von gelöstem Kohlenstoff.
Am UFZ Department für Zelltoxikologie in Leipzig kommt die Hochdurchsatzplattform CITEPro (Chemicals in the Environment Profiler) zum Einsatz, um die Wirkung der Chemikalien-Gemische mittels zellbasierter in-vitro Biotests zu analysieren. Hinzu kommt die Identifizierung und Konzentrationsbestimmung von organischen Chemikalien mit hochauflösender Massenspektrometrie (HR-MS). Am UFZ in Magdeburg werden Spurenelemente wie Zink, Kupfer, Eisen und Gadolinium analysiert, die als Indikatoren für bestimmte Stoff-Eintragspfade, zum Beispiel aus dem urbanen Raum, dienen können. Zudem wird am UFZ Leipzig durch Anwendung von ultrahochauflösender Massenspektrometrie (FT-ICR-MS) das gelöste organische Material aus verschiedenen Quellen im Einzugsgebiet näher charakterisiert. An der KIT-Außenstelle in Garmisch-Partenkirchen finden Analysen von Treibhausgasen wie Lachgas statt.
Autor*innen: Dr. Clarissa Glaser, Uni Tübingen; Dr. Stephanie Spahr, Uni Tübingen/IGB Berlin & Dr. PD Ralf Kiese, KIT
Infraschallmessung
Messungen mit dem Infraschallsensor
Schwankungen des atmosphärischen Bodendruckes sind Ausdruck des Wettergeschehens und werden auch von vielen Amateurmeteorolog*innen aufgezeichnet. Neben den langsamen Schwankungen, wie sie mit einem Barometer aufgezeichnet werden, können etwa Gewitterzellen jedoch auch plötzliche Druckschwankungen erzeugen. Diese Druckschwankungen stellen Quellen von Infraschallwellen dar, die sich in der Atmosphäre über große Entfernungen ausbreiten können. Der Infraschallbereich schließt sich an den Hörbereich zu niedrigeren Frequenzen hin an, der Übergang zwischen Infraschallbereich und akustischem Schallbereich liegt bei etwa 20 Hertz (hörbarer Bereich umspannt alters- und lautstärkeabhängig etwa 20 bis 20 000 Hertz).
Der betriebene Kampagnensensor erfasst Druckschwankungen im Frequenzbereich von etwa 0.02 bis 100 Hertz, kann also Infraschallwellen und akustische Wellen im unteren Hörbereich detektieren. Zur Detektion wird ein empfindlicher Differenzdrucksensor verwendet (Sensirion SPD816-125Pa), der die Druckdifferenz zwischen einem abgeschlossenen Referenzgefäß (ein Glasgefäß mit 5 Liter Volumen) und der Umgebung detektiert. Um die Druckdifferenz zu detektieren, lässt der Sensor durch einen engen Kanal einen kleinen durch die Druckdifferenz getriebenen Luftstrom zwischen dem Referenzvolumen und der Außenluft zu. Im Kanal befindet sich eine Wärmequelle, auf beiden Seiten der Quelle wird die Lufttemperatur gemessen. Aus der Temperaturdifferenz lässt sich die Strömungsgeschwindigkeit und daraus schließlich die gesuchte Druckdifferenz ableiten.
Die Abbildung rechts zeigt den Sensor: das Referenzgefäß ist in eine thermische Isolierung gehüllt, um schnelle Temperaturschwankungen der Referenz zu vermeiden – was ja ebenfalls Druckschwankungen vorspiegeln würde. Das eigentliche Sensorelement befindet sich in dem Metallgehäuse oberhalb des Referenzgefäßes. Die Daten werden mithilfe eines Notebooks automatisch aufgezeichnet und mittels einer LTE-Anbindung zum Datenserver der Kampagne übertragen.
Es sind bisher nur wenige Messungen durchgeführt worden, um die Infraschallsignale konvektiver Ereignisse zu untersuchen. Im Rahmen der Swabian MOSES Kampagne sollen Infraschallmessungen mit der weitreichenden Diagnostik der KITcube-Instrumente kombiniert werden, um hierdurch zusätzliche Informationen zum Strömungsgeschehen in einer Gewitterzelle zu gewinnen.
Autor: Dr. Frank Hase, IMK-ASF
MoLEAF Tower
MoLEAF Tower
MoLEAF steht für „Mobile Land-Ecosystem-Atmosphere Flux“-System. Es handelt sich dabei um ein mobiles Messsystem, mit dem die Energie- und Stoffaustauschströme (engl.: flux) zwischen der Landoberfläche und der Atmosphäre gemessen werden. Dieses System besteht aus einem Anhängermast, der mit verschiedenen Messgeräten bestückt und pneumatisch bis auf eine Höhe von 30 Metern ausgefahren werden kann. Die zweite wichtige Komponente des MoLEAF-Systems ist eine mobile Laborkabine, die als Aufsatz auf einem Pickup-Truck transportiert und am Messort abgesetzt werden kann. Darin befindet sich ein Computer-Arbeitsplatz, die Stromversorgung des Messsystems, und die Internetanbindung. All das ermöglicht den schnellen Einsatz dieses Messsystems bei Extremwetter-Ereignissen mit kurzer Vorwarnzeit und einen autarken Betrieb vor Ort. So kann nach der Ankunft bereits nach wenigen Stunden gemessen werden.
Die zentrale Messeinheit des MoLEAF ist ein sogenanntes Eddy-Kovarianz-System. Dies ist eine wichtige Methode zur Messung und Berechnung vertikaler turbulenter Flüsse innerhalb atmosphärischer Grenzschichten. Die Methode analysiert hochfrequente Wind- und skalare atmosphärische Datenreihen, Gase, Energie und Impuls, um die vertikalen Flüsse dieser Eigenschaften zu bestimmen. Es handelt sich hierbei um eine statistische Methode, die in der Meteorologie und anderen Anwendungen (Mikrometeorologie, Ozeanographie, Hydrologie, Agrarwissenschaften, industrielle und regulatorische Anwendungen usw.) verwendet wird, um die Austauschströme von Spurengasen über natürlichen Ökosystemen und landwirtschaftlichen Feldern zu bestimmen und die Gasemissionsraten zu quantifizieren. Diese Technik wird auch in großem Umfang zur Verifizierung und Kalibrierung von Klima- und Wettermodellen, komplexen biogeochemischen und ökologischen Modellen, sowie Fernerkundungsschätzungen von Satelliten und Flugzeugen verwendet. Die Technik ist mathematisch komplex und erfordert erhebliche Sorgfalt beim Einrichten und Verarbeiten von Daten.
Somit lässt sich der Austausch von fühlbarer Wärme, d.h. die Energie, die zur Erwärmung der Luft verwendet wird, der Austausch von CO2 und die Verdunstung bestimmen. Außerdem verfügt das MoLEAF über Messgeräte zur Erfassung der Strahlungsbilanz, die sich aus kurz- und langwelligem Licht zusammensetzt, zur Bestimmung des Bodenwärmestroms, des Bodenwassergehalts, der Lufttemperatur und der Luftfeuchte. Auch Windgeschwindigkeit und -richtung werden erfasst. Alle Messungen laufen automatisiert rund um die Uhr in hoher zeitlicher Auflösung (0.1 Sekunden für turbulente Größen und 1 Minute für nicht-turbulente Größen) und können auch aus der Ferne per Internet überwacht werden.
Autor: Dr. Matthias Mauder, IMK-IFU
Bodenfeuchtesensor-Netzwerk
Bodenfeuchtesensor-Netzwerk
Ein Netzwerk aus Bodenfeuchtesensoren ermöglicht die kontinuierliche Bestimmung der Bodenfeuchte und der Bodentemperatur in verschiedenen Tiefen. Die in der Kampagne eingesetzten mobilen Geräte bestehen aus einzelnen Sensorknoten, an die jeweils sechs Bodenfeuchtesensoren angeschlossen sind. Die Sensoren sind paarweise verbaut, somit kann die Bodenfeuchte und Bodentemperatur an jedem Standort in drei verschiedenen Tiefen ermittelt werden. Per Mobilfunk werden die Messdaten in eine Datenbank übertragen und visualisiert.
Die Bodenfeuchtesensoren arbeiten nach dem TDT-Prinzip (Time Domain Transmission). Das Prinzip beruht auf dem Einfluss der dielektrischen Eigenschaften des Bodens auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines elektromagnetischen Signals, das als Puls zu den Sensoren hin ausgesendet wird. Wasser zeichnet sich im Vergleich zu trockenem Boden durch eine hohe Dielektrizität aus. Ein hoher Wassergehalt im Boden und somit eine hohe Dielektrizität bremst die Ausbreitungsgeschwindigkeit des elektromagnetischen Signals. Unter Einbezug weiterer Parameter wie z.B. der Bodentemperatur kann so aus der Ausbreitungsgeschwindigkeit die Bodenfeuchte ermittelt werden.
Warum sind diese Messungen wichtig? Die Bodenfeuchte ist eine wichtige Zustandsgröße natürlicher Böden, die nicht nur für die Landwirtschaft von großer Bedeutung ist (s. Forschungsziele). Aufgrund der ausgeprägten Heterogenität und Komplexität von Böden zeichnet sich auch die Bodenfeuchte durch eine hohe zeitliche und räumliche Variabilität aus. Einzelmessungen können derartige Änderungen prinzipbedingt oft nicht adäquat abbilden. Drahtlose Sensornetzwerke ermöglichen hier eine Untersuchung der zeitlichen und räumlichen Dynamik der Bodenfeuchte.
Weitere Informationen zu den Aktivitäten bei Swabian MOSES sowie aktuelle Messdaten finden Sie hier
Autoren: Matteo Bauckholt, Prof. Dr. Peter Dietrich, UFZ
Distrometer-Netzwerk (Niederschlagsmessung)
Distrometer-Netzwerk
Niederschlagsmessungen mit Radaren wie z.B. dem KITcube X-Band Radar liefern räumlich und zeitlich sehr hoch aufgelöste Informationen, die mit einem Bodenmessnetz von Niederschlagsmessgeräten nicht erreicht werden. Sie leiden aber auch unter typischen Messfehlern. Diese versucht man zu minimieren, indem die (verhältnismäßig wenigen) Messungen am Boden zur Aneichung der Radarmessung ausnutzt.
Für Swabian MOSES wird dazu erstmals ein Netzwerk aus 23 optischen Distrometern (Parsivels) eingerichtet. Während klassische Regensammler lediglich Auskunft über die gefallene Niederschlagsmenge geben, stehen durch den Einsatz der Distrometer zusätzlich auch die Informationen über die Zusammensetzung des Niederschlags nach Größe und Niederschlagsart zur Verfügung. Genau diese Informationen lassen sich auch aus den Messungen des polarimetrischen KITcube X-Band Radars abschätzen. Durch den Vergleich mit den im gesamten Messgebiet verteilten Distrometern lassen sich die radarbasierten Angaben überprüfen und durch Aneichung (auch der polarimetrischen Messgrößen) verbessern.
Autor: Dr. Jan Handwerker, IMK-TRO
Hagelsensor-Netzwerk
Hagelsensor-Netzwerk
Trotz der massiven Schäden, die schwere Hagelereignisse gerade auch im Untersuchungsgebiet von Swabian MOSES verursachen, wird an den vielen Wetterstationen in Deutschland Hagel nicht direkt gemessen. Die Größenverteilungen der Hagelkörner, die sogenannten Spektren, sind aber für mehrere Anwendungsbereiche relevant. So messen Niederschlagsradare zwar prinzipiell auch Hagel, sie liefern aber nur ein gesamtes Signal (bei modernen Dual-Pol Geräten mehrere Signale) in der Atmosphäre in rund 1 Kilometer Höhe.
Mit Hilfe beobachteter Spektren können die Umrechnungsmethoden des Radarsignals in Hagel am Boden verbessert werden. Die Hagelspektren sind außerdem entscheidend für die Schäden an Gebäuden, Fahrzeugen und landwirtschaftlichen Kulturen. Sie werden daher für eine möglichst genaue Berechnung der Hagelschäden und des Hagelrisikos benötigt. Schließlich lassen sich mit Hilfe von Langzeitmessungen der Hagelkörner mögliche Trends bestimmen, die durch den Klimawandel bedingt sind.
Das neue entwickelte Messgerät HailSens ist in der Lage, Hagelspektren zeitlich hoch aufgelöst zu messen. Beim Aufprall eines Hagelkorns auf die Empfangsfläche wird diese in Schwingung versetzt, die dann von einem unter der Empfangsfläche angebrachten Piezomikrophon erfasst wird. Daraus kann dann bestimmt werden, wie viele Hagelkörner auftreffen und wie groß diese sind. Jeder Einschlag eines Hagelkorns wird registriert und automatisch an einen Server gesendet. Dort stehen die Daten dann nahezu in Echtzeit zur Verfügung.
Im Rahmen der Feldmesskampagne Swabian MOSES sind insgesamt 10 Hagelmessgeräte installiert – und zwar genau an den Orten, an denen es den Radaranalysen des IMK zufolge am häufigsten hagelt.
Autor: Prof. Dr. Michael Kunz, IMK-TRO
Windlidar-Netzwerk
Windlidar-Netzwerk
Die Messung von Wind als vektorielle Größe (Windgeschwindigkeit und –richtung) mit starker räumlicher und zeitlicher Variabilität stellt große Herausforderungen an Messkonzept und Messtechnik, ist jedoch von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Energie- und Stoffhaushalts der Atmosphäre.
Doppler-Lidar Geräte ermitteln auf Basis des Doppler-Effekts entlang eines Laserstrahls die Geschwindigkeit von Streuern (Aerosolpartikeln), die sich mit dem Wind mitbewegen, bis in Entfernungen von maximal 10 Kilometern. Zur Bestimmung des Windvektors sowie vertikalen und horizontalen Schnitten wird der Laserstahl über ein steuerbares Spiegelsystem (Scanner) in verschiedene Richtungen in den Halbraum oberhalb des Geräts gelenkt. Ein besonderer Mehrwert entsteht durch den kombinierten und synchronisierten Einsatz der Geräte, wodurch sich entweder kleinräumig (z.B. in Tälern) höchstaufgelöste Strömungsmuster vermessen lassen oder, wie bei der Messkampagne Swabian MOSES, in weiter ausgedehnten Untersuchungsgebieten großräumigere Strömungseigenschaften, womit sich z.B. die für die Gewitterbildung wichtige Advektion und Strömungskonvergenz bestimmen lassen (s. Forschungsziele).
Im Rahmen von Swabian MOSES betreibt das IMK-TRO an insgesamt 7 Standorten im Untersuchungsgebiet zwischen östlichem Schwarzwald, Neckartal und westlicher Schwäbischer Alb Doppler-Lidar Geräte mit Datenübertragung in naher Echtzeit zur Bestimmung des Windprofils bis in Höhen von 3 Kilometern. Diese werden im Juni und Juli durch ein flugzeuggetragenes scannendes Doppler-Lidar ergänzt (s. Forschungsflugzeuge). Geräte der Projektpartner IMK-IFU und Universität Hohenheim ergänzen das Netzwerk um zwei weitere Standorte.
Autor: Dr. Andreas Wieser, IMK-TRO
Rover - Kosmischer Neutronensensor
Rover - Kosmischer Neutronensensor
Cosmic-Ray Neutron Sensing (CRNS) ist eine mobile, berührungsfreie Technologie zur Bestimmung der mittleren Bodenfeuchte in der Umgebung von etwa 15 Hektar. Die Methode basiert auf der Detektion von im Boden "reflektierten" Neutronen. Da diese besonders sensitiv auf Wasserstoffatome reagieren, kann eine direkte Abhängigkeit der Neutronenintensität von dem vorherrschenden Wasser in der Wurzelzone um den Sensor herum abgeleitet werden. Da die Neutronen aus kosmischen Ereignissen, wie Sternenexplosionen zurückzuführen sind, bezeichnet man diese Messmethode als Cosmic-Ray Neutron Sensing.
Im Inneren des Sensors befinden sich üblicherweise Detektorgase (z.B. Helium), welche auf durchfliegende Neutronen reagieren und einen Stromimpuls erzeugen. Diese Impulse werden gezählt und zusammen mit Informationen wie GPS-Koordinaten, Temperatur, Luftdruck und -feuchte im Datenlogger gespeichert. Anhand der gesammelten Informationen kann man aus dem Signal die Bodenfeuchte abschätzen.
Die stationären Sensoren werden bereits erfolgreich in der Forschung und Landwirtschaft eingesetzt, um stündliche Veränderungen der Bodenfeuchte über mehrere Jahre zu messen. Um Informationen über ein gesamtes Feld oder ein spezifisches Einzugsgebiet zu erhalten, kann der Detektor im mobilen Modus, dem sogenannten Roving verwendet werden. Dabei wird der Sensor in ein Fahrzeug eingebaut und zählt die Neutronen einfach während der Fahrt. Alle 10 Sekunden werden Messdaten und Koordinaten erhoben, sodass für die zurückgelegte Strecke eine durchschnittliche Bodenfeuchte berechnet werden kann.
Im Rahmen der Messkampagne Swabian MOSES 2023 wird ein stationärer Cosmic-Ray-Sensor am Hauptstandort in Villingen-Schwenningen aufgestellt. So kann die mittlere Bodenfeuchte im Umkreis von etwa 200m um den Sensor und die Veränderung über den gesamten Messzeitraum bestimmt werden.
Im Einzugsgebiet der Lindach werden eventbezogene Fahrten mit einem mobilen Cosmic-Ray-Rover durchgeführt. Vor und nach Starkregenereignissen wird eine festgelegte Route abgefahren, sodass Veränderungen der Bodenfeuchte durch Niederschläge im Maßstab der Landschafts-Skala ermittelt werden können. Um die Messergebnisse des mobilen Sensors validieren zu können, werden die Standorte der Bodenfeuchtenetzwerke im Lindach-Einzugsgebiet angefahren. An den jeweiligen Stationen wird das Fahrzeug für fünf bis zehn Minuten neben dem Bodenfeuchtenetzwerk geparkt, da die Messunsicherheit geringer ist, je länger sich der Rover an einem Ort befindet. So können die Ergebnisse beider Messmethoden an bestimmten Punkten miteinander verglichen werden.
Eine solide Abschätzung der Bodenfeuchte im Bereich der Landschafts-Skala ist zum Beispiel relevant für hydrologische Modellierungen. Damit lassen sich zukünftige Wetterentwicklungen vorhersagen, beispielsweise um die Gefahr durch Dürren, Hitzewellen oder Hochwasser abzuschätzen (s. Forschungsziele).
Autor*innen: Mandy Kasner, Prof. Dr. Peter Dietrich, UFZ
Zusätzliche Informationen zum Thema Cosmic Ray Neutron Sensing & Roving sowie deren Verwendung in weiteren Projekten: Homepage
Hagel-Schwarmsonden
Hagel-Schwarmsonden
Das vertikale Temperatur- und Feuchteprofil der Atmosphäre ist entscheidend für die Entstehung und Intensität von Gewitterereignissen. Darüber hinaus bestimmt das dreidimensionale (3D) Windfeld insbesondere im Aufwindbereich einer Gewitterwolke über die Stärke des Niederschlags in Form von Regen oder Hagel (s. Forschungsziele).
Mit Hilfe der kleinen (Größe eines Joghurtbechers) und leichten (12 Gramm) Schwarmsonden von Sparv können Vertikalprofile von Lufttemperatur, -feuchte, -druck und dem 3D Windfeld im mobilen Einsatz direkt in einer Gewitterwolke gemessen werden. Sie übertragen alle 4 Sekunden die gemessenen Parameter über Funk an die mobile Bodenstation. Eine Echtzeitkarte zeigt kontinuierlich die Position aller Sonden an. Die Schwarmsonde ist ein neuartiges Messinstrument, das bis zu einer Stunde lang mehrere Messreihen in einem definierten Luftvolumen liefert. Dabei können bis zu 17 ballongetragene Sonden gleichzeitig oder in unmittelbarer Nähe beispielsweise direkt vor einer Gewitterwolke gestartet werden. Die Sonden steigen bis zu einer benutzerdefinierten Höhe auf und folgen dann der Strömung in der Gewitterwolke auf sogenannten Lagrange‘schen Bahnen.
Die einzelnen Sonden können im weiteren Verlauf entweder per Fernbefehl oder ab einer weiteren, zuvor definierten Höhe von den Ballonen getrennt werden und so zu Boden fallen. Aufgrund ihres geringen Gewichts ist die Fallgeschwindigkeit und damit der Impuls beim Auftreffen auf den Boden gering, so dass die Sonden mehrfach verwendet werden können (sofern sie wiedergefunden werden).
Autor: Prof. Dr. Michael Kunz, IMK-TRO
Wingcopter Drohne
Wingcopter Drohne
Die Wingcopter-Eddy-Kovarianz-Drohne ist ein Messsystem, das zur Bestimmung des Austauschs von Treibhausgasen zwischen der Atmosphäre und bodennahen Quellen bzw. Senken (etwa Vegetation, Bodenorganismen oder Mofetten) entwickelt wurde.
Dafür ist sie mit einem Fünflochsonden-Windmessinstrument, einem besonders schnell und empfindlich messenden Feindraht-Thermometer sowie einem kombinierten Kohlenstoffdioxid-Wasserdampf-Sensor ausgestattet und soll darüber hinaus künftig noch um einen Laser-Methansensor erweitert werden.
Das Eddy-Kovarianz-Verfahren liegt dem Messsystem methodisch und als mathematisches Verfahren zugrunde. Es beschreibt bei Vorhandensein eines vertikalen Gradienten einer atmosphärischen Größe (wie etwa einer Gaskonzentration) den systematischen Zusammenhang zwischen der Vertikalbewegung von Luftpaketen, mit denen diese Größe transportiert wird und ihrer daraus folgenden Änderung in einer betrachteten Messhöhe.
Dabei wird diese Vertikalbewegung als Komponente des dreidimensionalen Windfeldes mit dem genannten Fünflochsonden-Instrument bestimmt. Dieses macht sich die Differenzen der Staudrücke zunutze, die richtungsabhängig an leicht zueinander geneigten Druckbohrungen der Sonde anliegen, um damit die relative Anströmung der in ca. 50 Meter über dem Boden mit etwa 80 km/h horizontal fliegenden Drohne zu messen. Unter gleichzeitiger Erfassung von genauer Fluglage und -bewegung mittels Trägheits- und Satellitennavigation wird dann das atmosphärische Windfeld bestimmt, in dem sich die Drohne bewegt. Die schnelle Bestimmung der Gaskonzentrationen in den mit dem Windfeld bewegten Luftpaketen erfolgt durch die Messung der konzentrationsabhängigen Absorption von Infrarotstrahlung durch diese Gase im Inneren des Messsystems.
Über Gebieten, die für das Klimasystem besonders relevant und für die Klimaforschung entsprechend betrachtenswert sind, können mit der Wingcopter-Eddy-Kovarianz-Drohne so die Vertikalflüsse von Feuchte, Wärme und insbesondere der genannten Treibhausgase quantifiziert und so genauer studiert und bilanziert werden (s. Forschungsziele).
Autor: Prof. Dr. Torsten Sachs, GFZ
Forschungsflugzeuge
Dornier Do128-6 „D-IBUF“
Das Forschungsflugzeug „D-IBUF“ ist ein zweimotoriges Flugzeug vom Typ Dornier Do128-6. Es bietet Platz für 2 Pilot*innen und 2 bis 3 Wissenschaftler*innen und wird seit über 30 Jahren von der Technischen Universität (TU) Braunschweig als Forschungsflugzeug in zahlreichen nationalen und internationalen Messkampagnen betrieben. Zur Standardausrüstung zählt die Bestimmung der folgenden meteorologischen Parameter:
- Wind (Richtung und Stärke)
- Turbulenz
- Lufttemperatur und Luftfeuchte
- Einfallende und reflektierte Strahlung
- Erdoberflächentemperatur.
Die wesentlichen Parameter werden dabei an der Spitze eines Nasenmastes in der ungestörten Anströmung vor dem Flugzeug gemessen. Darüber hinaus werden Navigations- und Flugzeugparameter (z.B. Position, Höhe, Fluggeschwindigkeit, Lage des Flugzeuges im Raum) mit aufgezeichnet. Die normale Messfluggeschwindigkeit beträgt bei Swabian MOSES ca. 100 Knoten (ungefähr 180 km/h).
Als weiteres Messsystem wird für die Messkampagne ein Wind-Lidar vom Typ Windtracer eingebaut (s. Foto, mehr Informationen). Das Wind-Lidar kann den Wind unterhalb des Flugzeugs in allen Höhen gleichzeitig messen. Zur Messung sendet das Wind-Lidar Laserpulse bekannter Frequenz (entspricht einer genau bekannten Farbe) in die Atmosphäre. Ein Teil des Lasersignals wird durch Staub, Pollen und andere Teilchen, die sich mit dem Wind bewegen, zurückgestreut. Falls die Teilchen eine Bewegung in Strahlrichtung aufweisen ist die Frequenz des zurückgestreuten Lichts leicht unterschiedlich zum ausgesandten Signal (entspricht einem sehr kleiner Farbunterschied). Dieser Frequenzunterschied wird vom Lidar gemessen, womit die Windgeschwindigkeit bestimmt werden kann.
Da nur die Windgeschwindigkeit in Strahlrichtung gemessen wird, sieht das Lidar beim Blick genau nach unten den Vertikalwind (Auf- und Abwinde). Um auch den Horizontalwind messen zu können wird der Laserstrahl durch einen Scanner geneigt und im Kreis bewegt (s. Foto und Forschungsziele). Die Windgeschwindigkeit variiert dann in Abhängigkeit der Scanrichtung, was Rückschlüsse auf den Horizontalwind erlaubt.
Cessna F406 „D-ILAB“
Das Forschungsflugzeug „D-ILAB“ der TU Braunschweig ist ein zweimotoriges Flugzeug vom Typ Cessna F406. Es bietet Platz für 2 Pilot*innen und 2 bis 3 Wissenschaftler*innen und ist mit Messsensorik zur Bestimmung derselben meteorologischen Parameter wie die „D-IBUF“ ausgestattet.
Die wesentlichen Parameter werden ebenfalls an der Spitze eines Nasenmastes in der ungestörten Anströmung vor dem Flugzeug gemessen und Navigations- und Flugzeugparameter mit aufgezeichnet. Die normale Fluggeschwindigkeit beträgt bei den Messungen eine deutlich höhere Geschwindigkeit im Vergleich zur „D-IBUF“ von ca. 140 Knoten (ungefähr 250km/h). Das Flugzeug lässt sich flexibel (natürlich unter Beachtung der gesetzlichen Luftraumeinschränkungen) einsetzen und wird die Verbindung zwischen den unterschiedlichen stationären Messstellen herstellen.
Das Forschungsflugzeug „D-ILAB“ wurde von der TU Braunschweig im Jahre 2020 angeschafft und in 2021 erstmals für Forschungsflüge eingesetzt. In Zukunft ersetzt es die seit über 30 Jahren in Betrieb befindliche „D-IBUF“.
Autoren: Dr.-Ing. Thomas Feuerle, TU Braunschweig & Philipp Gasch, IMK-TRO
Mehr Informationen zum Institut für Flugführung der TU Braunschweig: Homepage