Wissenschaftlicher Hintergrund
Im Rahmen der Swabian MOSES Messkampagne untersuchen die Wissenschaftler*innen insbesondere lokalskalige Gewitter, die mit Starkregen und Hagel verbunden sind, und großräumige Hitzewellen sowie die damit verbundenen Dürren. Obwohl diese beiden Arten von Extremen auf sehr unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Skalen ausgelöst werden, haben sie mehrere gemeinsame Merkmale: Sie sind oft mit ähnlichen großräumigen synoptischen Strömungsmustern wie dem sogenannten Atmospheric Blocking verbunden. Dieses Strömungsmuster zeichnet sich durch Großwetterlagen aus, die sich über einen längeren Zeitraum von teils mehreren Wochen kaum verändern und so das für die mittleren Breiten typische Strömungsregime (Westwinddrift) unterdrücken. Betroffene Regionen können so für längere Zeit eine Witterung erfahren, die sich deutlich von den erwartbaren Bedingungen unterscheidet.
Als Folge können beispielsweise Niederschläge wochenlang ausbleiben und stattdessen ununterbrochen trockene und warme Luft in die betroffenen Regionen gelangen. Häufig werden solche Hitzewellen durch das verbreitete Auftreten von starken Gewittern beendet. Diese Gewitter haben ein hohes Potenzial, besonders schwerwiegende Begleiterscheinungen mit sich zu bringen, wie z. B. extremen Starkregen und Sturzfluten, großen Hagel oder konvektive Starkwindböen, die Orkanstärke erreichen können. Die Häufigkeit und Intensität sowohl von Hitzewellen als auch von schweren Gewittern haben in den letzten Jahren aufgrund des Klimawandels erheblich zugenommen. In der Untersuchungsregion in Baden-Württemberg stellen sie die Naturgefahren mit den negativsten Auswirkungen dar: Gewitter verursachen den höchsten Anteil an den finanziellen Schadensummen, Hitzewellen fordern die meisten Todesopfer.
Mit dem hochindustrialisierten Neckartal und der offenen Landschaft der Schwäbischen Alb stellt das Untersuchungsgebiet einen einzigartigen Landschafts- und Siedlungsraum dar, der sich ideal für die Durchführung eines kombinierten und koordinierten Feldexperiments eignet. Das Gelände weist einen großen Höhengradienten auf, die Bodentypen ändert sich über kurze Distanzen signifikant, und die Flusseinzugsgebiete sind eher klein. Das Untersuchungsgebiet gehört zu den Regionen mit der höchsten Exposition gegenüber schweren Gewittern in Deutschland, ist aber auch häufig von schweren Hitzewellen betroffen, deren Auswirkungen aufgrund der räumlichen Unterschiede der Geländeeigenschaften und der Vegetation variieren.
Der Ansatz von MOSES, die Ereignisketten von hydro-meteorologischen Extremen nachzubilden und zu analysieren, zielt zum einen darauf ab, die für die Auslösung und Intensivierung der Ereignisse maßgeblichen Mechanismen und Prozesse besser zu verstehen, zum anderen deren Auswirkungen und Wechselwirkungen mit all ihren Facetten im Detail zu untersuchen.
Informationen zu den bei Swabian MOSES eingesetzten Messsystemen finden sich hier.
Konkrete Forschungsziele
Bodenfeuchtemessungen
Die Bodenfeuchte ist eine zentrale Steuergröße für den Abfluss des Niederschlagswassers. Denn ist der Boden sehr feucht oder extrem trocken, kann das Regenwasser nicht mehr vom Boden aufgenommen werden und fließt über die Erdoberfläche ab. Diese Situation beschleunigt die Gefahr einer Überflutung. Als einflussreiche Kenngröße für die Wasserverfügbarkeit der Vegetation gibt die Bodenfeuchte somit Aufschluss über den vorherrschenden Trockenstress bei Pflanzen während anhaltender Dürreperioden. Daher ist eine solide Abschätzung der Bodenfeuchte im großflächigen Bereich entscheidend zur frühzeitigen Erkennung von drohenden Wetterextremen und deren Folgen.
Die stationären Sensoren zur Bestimmung der Bodenfeuchte mittels kosmischer Neutronendetektoren werden bereits erfolgreich in der Forschung (TERENO) und Landwirtschaft eingesetzt. Im Rahmen von Swabian MOSES wird das Potential des mobilen kosmischen Neutronendetektors (Cosmic Ray Roving, s. Abbildung) für eine großflächige Überwachung der Bodenfeuchte weiterentwickelt und evaluiert. Zudem wird die Integration verschiedener Technologien zur Bodenfeuchtemessung von der zeitlich kontinuierlichen Punktskala (lokale Bodenfeuchtesensoren) bis zu großflächigen Momentaufnahmen (z.B. mit Fernerkundungsdaten) in Richtung zweckorientierter Bodenfeuchteprodukte vorangetrieben.
Die während der Messkampagne erhobenen Daten werden genutzt, um die räumliche Verteilung der Bodenfeuchte in der Region zu erfassen und deren zeitliche Veränderung über die Monate zu verfolgen. Damit soll es möglich sein, mehr über extreme hydrologische Ereignisse zu lernen, wie z.B. die Entwicklung und Auswirkung von Hitzewellen, und dadurch mesoskalige hydrologische Modelle zu verbessern.
Ein solches Modell ist das mHM des UFZ, welches die Grundlage des Dürremonitors von Deutschland darstellt (s. Abbildung). Dieser Monitor liefert Karten zum tagesaktuellen Dürrezustand des Gesamtbodens und des Oberbodens sowie das pflanzenverfügbare Wasser im Boden von Deutschland.
Autor*innen: Mandy Kasner, Prof. Dr. Peter Dietrich, UFZ
Zusätzliche Informationen zum Thema Cosmic Ray Neutron Sensing & Roving sowie deren Verwendung in weiteren Projekten: Homepage
Dürrestress
Es wird erwartet, dass Extremwetterereignisse im Zusammenhang mit dem globalen Klimawandel zunehmen. Insbesondere auch das Auftreten von länger anhaltenden Hitzewellen, die häufig mit Niederschlagsmangel verbunden sind, wird für Mitteleuropa wahrscheinlicher. Aufgrund des karstigen Untergrundes und der geringmächtigen Böden auf der Schwäbischen Alb ist die Wasserspeicherkapazität dort reduziert und die Ökosysteme in der Region weisen daher ein erhöhtes Risiko für Dürrestress auf. Die sogenannten Schwäbischen Steinäcker sind traditionell ertragsarm und es ist zu erwarten, dass diese besonders sensitiv auf Änderungen in der Witterung reagieren.
Um Hitze- und Dürrestress auf Grasflächen der Schwäbischen Alb zu erfassen, werden mehrere Energiebilanzstationen sowie der MoLEAF Tower errichtet, die unter anderem mithilfe der Eddy-Kovarianz-Methode Rückschlüsse auf vertikale Flüsse von Energie, Feuchte und Kohlenstoffdioxid (CO2) in Bodennähe ermöglichen. Mit Unterstützung einer Wingcopter Drohne, deren speziell entwickelter Sensor-Pod ebenfalls mit der für die Eddy-Kovarianz-Methode notwendigen Messtechnik ausgestattet ist, ist zusätzlich eine Messung dieser relevanten Flüsse aus der Luft über einem größeren Flächenbereich möglich. So sollen räumliche Muster erkannt und die flächenhafte Generalisierbarkeit der punktuellen Messungen bewertet werden. An den jeweiligen Messstationen werden neben Lufttemperatur und Luftfeuchte auch Niederschlag und Bodenfeuchte gemessen.
Standorte der Energiebilanzstationen sind in Rottenburg am Neckar und in Burladingen-Ringingen. Das MoLEAF System wurde in Haigerloch-Hart stationiert. Auf diese Weise ergibt sich ein Transekt über mehrere Höhenstufen von 338 m über 488 m bis hin zu 778 m ü. NN mit entsprechender lokalklimatischer Differenzierung. Durch vergleichende Analyse dieser Standorte und begleitende biogeophysikalische Modellierung soll der Zusammenhang zwischen Hitze- und Dürrestress auf Verdunstung, das Pflanzenwachstum, den Ernteertrag und die Treibhausgassenke dieser für die Region wichtigen Ökosysteme untersucht werden.
Neben dem Einfluss der auch in Deutschland in den letzten Jahren häufig auftretenden Hitze- und Dürreperioden auf die Vegetation und ganze Ökosysteme, wirken sich solche Extremereignisse auch auf die Konzentrationen von Spurengasen und Aerosolpartikeln in der Atmosphäre aus. Von großem Interesse ist daher auch, wie Hitzen, Dürren, die Bodenfeuchte und meteorologische Parameter die räumliche Verteilung, Anzahlkonzentration und Größenverteilung von Aerosolpartikeln (s. Aerosolmesssysteme) beeinflussen und inwieweit es hier Rückkopplungen zu meteorologischen Phänomenen gibt.
Autoren: Dr. Matthias Mauder, IMK-IFU, Prof. Dr. Torsten Sachs, GFZ & Dr. Harald Saathoff, IMK-AAF
Fließgewässer
1. Starke Regenfälle führen in Flüssen und Bächen zu hohen Abflüssen und der Mobilisierung von Schwebstoffen und Schadstoffgemischen mit oft unbekannter Toxizität. Im Rahmen von Swabian MOSES werden zwei Flüsse untersucht, die sich in der Landnutzung und dem Grad der Urbanisierung unterscheiden (Ammer und Steinlach). Die Zielsetzungen dabei sind (i) die an Partikel gebundenen und gelösten Schadstoffe und (ii) deren Mischungstoxizität während eines Hochwasserereignisses zu charakterisieren. Unter Verwendung eines automatisierten Probenahmeverfahrens (Autosampler) werden Wasserproben in zeitlich hoher Auflösung über die Dauer eines Starkniederschlagsereignisses an zwei ausgewählten Stellen an den Einzugsgebietsausläufen (Ammer und Steinlach) gesammelt.
2. Während starker Regenfälle tragen verschiedene Zuflüsse zu Wasser- und Partikelfluss und darüber zu Schadstoffeinträgen in die Ammer und Steinlach bei. Ein weiteres Ziel ist es daher, die Haupteintragspfade von gelösten und partikelassoziierten Schadstoffen im Einzugsgebiet beider Fließgewässer zu identifizieren und zu unterscheiden. Dabei stehen speziell der Abfluss von Autobahnen, urbanen Flächen einschließlich Regenüberläufen aus der Siedlungsentwässerung und landwirtschaftlichen Entwässerungsgräben als Hauptverschmutzungsquellen im Fokus. An ausgewählten Stellen werden Autosampler installiert und ergänzend Schöpfproben entnommen. Zusätzlich zu den organischen Verunreinigungen und der Toxizität von Gemischen werden quellenspezifische Tracer wie gelöster organischer Kohlenstoff und Schwermetalle gemessen.
3. Flüsse können eine bedeutende Quelle von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) sein. Im Rahmen von Swabian MOSES wird daher auch der Einfluss hydrologischer Extreme auf die Dynamik des Treibhausgasaustauschs zwischen Fließgewässern und Atmosphäre untersucht, wobei sich die Einzugsgebiete in der Landnutzung und dem Grad der Urbanisierung unterscheiden. Dazu werden in regelmäßigen Abständen (wöchentlich) an Ammer, Steinlach und Goldersbach manuell Proben entnommen. Da bisher ungeklärt ist, wie hoch der Beitrag der Treibhausgasemissionen aus den Fließgewässern selbst bzw. aus externen Quellen der umliegenden Landnutzung ist, werden während Starkregen-/ Hochwasserereignissen Proben in zeitlich hoher Auflösung entnommen und auf Treibhausgase sowie im Wasser gelöste Kohlenstoff- und Stickstoff-Komponenten hin untersucht. Simultane Messung von stabilen Wasserisotopen sollen Aufschlüsse über die Zusammensetzung des Abflusses z.B. aus Grund- und Oberflächenwasser liefern.
Autor*innen: Dr. Clarissa Glaser, Uni Tübingen; Dr. Stephanie Spahr, Uni Tübingen/IGB Berlin & Dr. PD Ralf Kiese, KIT
Gewitterhäufigkeit
Eine der herausforderndsten Aufgaben für numerische Wettervorhersagemodelle ist die Vorhersage von hochreichender Konvektion (Gewittern). Insbesondere warum, wo und unter welchen Umgebungsbedingungen (feuchte) Konvektion in der Atmosphäre ausgelöst wird und ob der Übergang zu hochreichender Konvektion erfolgt, ist noch nicht vollständig verstanden.
Das Einsetzen von Konvektion erfordert eine labil geschichtete Troposphäre (unterste 10-15 Kilometer der Atmosphäre), ein ausreichendes Feuchteangebot und einen Auslösemechanismus, der hilft, die konvektive Hemmung in den tiefen Troposphärenschichten zu überwinden. Prozesse an der Erdoberfläche und in der atmosphärischen Grenzschicht (etwa der unterste Kilometer der Troposphäre) haben dabei einen besonderen Einfluss auf die Auslösung von Konvektion, insbesondere wenn die Strömung in den mittleren und höheren Troposphärenschichten nicht so stark ist.
Die Auslösung von Konvektion durch solche Grenzschichtprozesse ist oft an räumliche Inhomogenitäten der Landnutzung und/oder des Bodenwassergehalts gebunden. Darüber hinaus sind sogenannte Konvergenzzonen unterschiedlichen Ursprungs (z.B. durch Hang- oder Berg-Tal-Windsysteme) wichtige Phänomene. In solche Konvergenzzonen strömt die mit Feuchte angereicherte Luft in der unteren Troposphäre zusammen, was als Ausgleich im Bereich der Konvergenzzone starke Aufstiegsbewegungen zur Folge hat.
Das Untersuchungsgebiet von Swabian MOSES im Bereich der Schwäbischen Alb ist ein Hotspot für Gewitter und Hagelstürme (s. Abbildung). Kunz und Puskeiler (2010) stellten die Hypothese auf, dass insbesondere bei schwacher bis moderater südwestlicher Strömung stromabwärts des Schwarzwaldes eine ausgeprägte Konvergenzzone durch das Umströmen des Mittelgebirges entsteht (s. Skizze). Beim Auftreffen auf den Schwarzwald teilt sich die Strömung in zwei Teile auf: einen, der nach der Kanalisierung im Rheintal um den Nordschwarzwald herumströmt, und einen, der die Südflanke umströmt. Stromabwärts des Schwarzwalds und stromaufwärts der Schwäbischen Alb treffen die beiden Äste wieder aufeinander und verursachen eine Konvergenz der Strömung in der unteren Troposphäre, die das Einsetzen oder die weitere Intensivierung von (hochreichender) Konvektion begünstigt. Dies könnte eine Erklärung für die erhöhte Anzahl von Gewittern im Bereich der Schwäbischen Alb und des angrenzenden Neckartals sein, worauf auch Modellsimulationen mit dem Modell COSMO des DWD hindeuten.
Im Rahmen von Swabian MOSES sollen Konvergenzzonen im Vorfeld von starken Gewittern nachgewiesen werden. Wie sich die Strömungskonvergenz im Tagesverlauf in Abhängigkeit von den vorherrschenden Umgebungsbedingungen (d.h. Strömungsgeschwindigkeit, -richtung und -stabilität) entwickelt und wie sich dies in der Entwicklung der Gewitter niederschlägt, wird mit Hilfe von Windmessungen (Forschungsflugzeuge, Ballonsondierungen, Wind-Lidare, Niederschlagsradar) und Stabilitätsanalysen (Ballonsondierungen, Mikrowellenradiometer) untersucht.
Autoren: Prof. Dr. Michael Kunz, Jannik Wilhelm, IMK-TRO
Hageltrajektorien
Das vertikale Temperatur- und Feuchteprofil und die damit verbundene konvektive Energie bestimmt maßgeblich, ob Gewitterereignisse prinzipiell entstehen können, und liefert Hinweise auf deren mögliche Intensität. Das dreidimensionale (3D) Windfeld dagegen entscheidet über die Organisationsform der Gewitter in Form von Einzelzellen, Multizellkomplexen oder Superzellen (stärkste Gewitter mit rotierenden Aufwinden). Im Aufwindbereich einer Gewitterwolke bestimmt das Strömungsfeld außerdem die Stärke des Niederschlags in Form von Regen oder Hagel. Operationell werden Vertikalprofile mit Radiosonden nur zwei Mal am Tag und nur an neun Stationen in ganz Deutschland gemessen. Im Rahmen von Swabian MOSES werden diese Messungen an speziellen Intensivmesstagen (Intensive Observation Periods, IOPs) einerseits zeitlich hochaufgelöst durchgeführt mit dem Ziel, die zeitliche Entwicklung der Konvektionsenergie besser abschätzen zu können. Andererseits wird direkt im Aufwindbereich einer Gewitterzelle gemessen, um die nicht bekannten Bewegungsbahnen (Trajektorien) der Niederschlagsteilchen in Abhängigkeit von den vorherrschenden Umgebungsbedingungen zu analysieren und besser zu verstehen.
Zum Einsatz kommen hier neu entwickelte Schwarmsonden der Firma Sparv, die im Gegensatz zu üblichen Radiosonden sehr viel kleiner (Größe eines Joghurtbechers) und leichter (12 Gramm) sind. Die Sonden steigen bis zu einer benutzerdefinierten Höhe auf und folgen dann der Strömung in der Gewitterwolke auf sogenannten Lagrange‘schen Bahnen, aus denen dann Hageltrajektorien abgeleitet werden können (s. Abbildung; Grafik von Dennis & Kumjian, 2017). Im Rahmen eines mobilen Einsatzes werden die Sonden in direkter Umgebung zu einer Gewitterwolke gestartet, um so Informationen von Temperatur, Feuchte, Druck und dem 3D Windfeld direkt aus dem Aufwind zu liefern – im Idealfall von Hagel-produzierenden Gewittern (Markowski et al., 2018). Es können bis zu 17 ballongetragene Sonden gleichzeitig oder nacheinander gestartet und verfolgt werden.
Die zeitlich/räumlich hoch aufgelösten Messungen der Schwarmsonden ergänzen ideal die an weiteren Stationen (Radiosonden, Mikrowellenradiometer, Wind-Lidar) gemessenen Vertikalprofile von Wind, Temperatur und Feuchte, indem sie Informationen über die zeitliche Variabilität der Umgebungsbedingungen liefern, die in diesem Detaillierungsgrad so bisher noch nicht beobachtet wurden. Im Fall von Hagelereignissen werden die gemessenen Trajektorien in Bezug zu den beobachteten Hagelspektren von den Hagelsensoren (HailSens) und verschiedenen Hagelmeldungen (DWD WarnWetter-App, Datenbank der European Severe Weather Database, ESWD) gebracht und mit Modellergebnissen vergleichen.
Eingangs erwähnte Superzellen mit rotierenden Aufwinden, die sehr große Hagelkörner produzieren können, sind nach derzeitigem Stand der Forschung auch Quellen niederfrequenter Druckschwankungen. Diese sind mit bodengebundenen Infraschallmikrofonen im Frequenzbereich von einigen bis etwa 10 Hertz detektierbar. Da es bisher nur sehr wenige Beobachtungen von Infraschall aus Gewitterzellen gibt, bei denen diese Messungen im Zusammenspiel mit umfassender Sensorik zur Bestimmung der Strömungsverhältnisse in der Wolke durchgeführt wurden, wie sie im Rahmen der Swabian MOSES Kampagne verfügbar ist, wird auch ein Infraschallsensor während des gesamten Kampagnenzeitraumes betrieben.
Autoren: Prof. Dr. Michael Kunz, IMK-TRO & Dr. Frank Hase, IMK-ASF
Spurengasprofile
Wasserdampf ist eines der wichtigsten Treibhausgase in der Atmosphäre und für den natürlichen Treibhauseffekt verantwortlich. Die Konzentration von Wasserdampf wird hauptsächlich über die Lufttemperatur reguliert, so dass die Luftfeuchte mit der Höhe stark abnimmt. Gerade in atmosphärischen Schichten, die wie die untere Stratosphäre (ab ca. 12 Kilometern Höhe) sehr trocken sind, können kleine Änderung der Wasserdampfkonzentration einen nachhaltigen und signifikanten Beitrag zum Strahlungshaushalt der Erde leisten und somit das Klima zusätzlich beeinflussen (Riese et al., 2012).
Hochreichende Konvektion (wie z.B. Gewitter) kann die Spurengaszusammensetzung in der oberen Troposphäre (ab ca. 10 Kilometern Höhe) signifikant verändern. Insbesondere kann im Falle starker Aufwinde eines Gewitters überschießende Konvektion sogar troposphärische, feuchte Luftmassen und Wolkenteilchen über die Tropopause hinweg bis in die untere Stratosphäre transportieren (s. Grafik (b) von Smith et al. 2017). Dort verändern diese Luftmassen die Wasserdampfverteilung der trockenen unteren Stratosphäre stark. Im Zuge der Klimaerwärmung durch anthropogene Treibhausgase könnten das häufigere Auftreten und die Intensivierung von Gewittern mehr Wasserdampf in die untere Stratosphäre einbringen und damit einen zusätzlichen erwärmenden Beitrag zum Klima leisten. Noch ist allerdings nicht klar, wie häufig eine solche Befeuchtung durch Gewitter gerade in den mittleren Breiten stattfindet und wie groß die Menge an eingebrachtem Wasserdampf ist. Zudem werden neben Wasserdampf noch weitere Spurengase aus den unteren Luftschichten nach oben transportiert, deren Menge und Einfluss noch untersucht werden muss.
Beide Fragestellungen sollen mit Ballonsondierungen untersucht werden, indem man die Veränderungen des Spurengasprofils in den genannten Höhenschichten vor und nach schweren Gewittern misst (s. Bild). Je nach Situation und Stärke der Konvektion werden Wetterballons entweder mit kleiner Instrumentierung (Radiosonden zur Messung von Wetterparametern) oder größerer Instrumentierung (Radiosonden plus weitere Instrumente wie z.B. Hygrometer, AirCores) zur genauen Messung von Wasserdampf-, Ozon- und Treibhausgaskonzentrationen gestartet.
Autor: Dr. Christian Rolf, Forschungszentrum Jülich