Meteorologische und hydrologische Modellierung
Die Modellierung hat den Anspruch, die Realität möglichst genau abzubilden. Die natürlichen Prozesse werden dazu durch Gleichungen beschrieben. So soll nicht nur der augenblickliche Zustand der Atmosphäre oder des Bodens beschrieben werden, sondern auch die zukünftige Entwicklung vorhergesagt werden. Das Ergebnis sind Wetter- oder Hochwasservorhersagen.
Auch mit immer schnelleren Großrechnern mit wachsenden Speicherkapazitäten bleibt eine Grenze, ab der kleinräumige Prozesse nicht mehr abgebildet werden können. Obendrein stehen auch nicht an jedem Ort zu jeder Zeit Messdaten zur Verfügung; wir kennen also den augenblicklichen Zustand des Systems nicht beliebig genau. So kann es vorkommen, dass sogar schwere Gewitter oder Überflutungen nicht vorhergesagt werden können.
Im Rahmen der Swabian MOSES 2023 Messkampagne werden eine Vielzahl von meteorologischen und hydrologischen Messwerten erfasst, die für die Modellierung zur Verfügung stehen. Diese Messwerte werden in mindestens zweierlei Hinsicht verwendet: (1) Zur Validierung von Modellen. Die Vorhersage kann mit der (späteren) Messung verglichen werden, um zu sehen, wie gut eine Vorhersage war. (2) Zur Assimilation. Die zusätzlichen Daten können vom Modell genutzt werden, um ein besseres Bild vom Systemzustand beim Start des Modelllaufs zu haben.
Details zu den Planungen der einzelnen Abteilungen finden Sie in der Tabelle.
Datenassimilation
Die Datenassimilation hat die Aufgabe, den Zustand der Atmosphäre bestmöglich zu beschreiben und Anfangszustände für die numerische Wettervorhersagen (NWV) zur Verfügung zu stellen. Diese Zustände (Reanalysen) werden auch für detaillierte Prozessstudien und zur Untersuchung des regionalen und globalen Erdklimas genutzt. Die Datenassimilation nutzt eine große Fülle direkter und indirekter Messungen von Atmosphäre und Erdoberfläche in Kombination mit berechneten Modellzuständen, um daraus einen in sich stimmigen Gesamtzustand der Atmosphäre und des Erdbodens zu ermitteln.
Im Rahmen der Swabian MOSES Messkampagne werden viele Messdaten der Atmosphäre erhoben. Von Windgeschwindigkeiten bis in große Höhe, über Temperaturprofile der Atmosphäre bis hin zu hochaufgelösten Regenradar. Die Daten von diesen, und weiteren Messgeräten, die im Rahmen der Swabian MOSES Messkampagne erhoben werden, werden am KIT prozessiert und zum Deutschen Wetterdienst geschickt. Dieser nutzt sie, um die Daten zu assimilieren und in einem parallelen Wettervorhersagezyklus zu ermitteln, welchen Einfluss die zusätzlichen Beobachtungen auf die Numerische Wettervorhersage haben.
Autoren: Dr. Annika Oertel, Lutz Beckebanze
Weiterentwicklung der numerischen Wettervorhersage in Swabian MOSES
Trotz der jüngsten Verbesserungen in der numerischen Wettervorhersage, z. B. durch eine höhere Gitterauflösung oder die verbesserte Beschreibung physikalischer Prozesse, ist die genaue Vorhersage konvektiver Niederschläge immer noch eine Herausforderung für aktuelle numerische Wettervorhersagemodelle. Die Wolkenbildung und der anschließende Niederschlag sind das Ergebnis einer Kette komplexer Prozesse in der Atmosphäre und daher mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. Viele Aspekte beeinflussen die Vorhersagbarkeit von konvektivem Niederschlag, z. B. die synoptisch-skalige Strömung, das Vorhandensein von Gebirgen und die Heterogenität der Landoberfläche. In den derzeitigen hochaufgelösten Modellierungsansätzen, in denen viele Varianten mit jeweils leicht veränderten Anfangswerten berechnet werden, können die Unsicherheiten der physikalischen Prozesse, die zur Konvektion beitragen, berücksichtigt und berechnet werden. Jedoch sind beobachtete konvektive Niederschläge häufig außerhalb der vom Modell zu erwartenden meteorologischen Bedingungen. Um die Bandbreite der vorhersagbaren synoptischen Ereignisse zu erweitern, müssen weitere Quellen der Unsicherheit betrachtet werden.
Daher werden wir im Nachgang der Messkampagne die Ergebnisse einzelner Messtage mit konvektivem Niederschlag mit einem numerischen Wettervorhersagemodell in verschiedenen Auflösungsstufen vergleichen. Wir werden besonders den Einfluss der Orografie, der Bodenfeuchte und verschiedener mikrophysikalischer Unsicherheiten auf die Vorhersagbarkeit des konvektiven Niederschlages untersuchen. Dazu verwenden wir das ICOsahedral Non-hydrostatic (ICON) Modell, das auch beim Deutschen Wetterdienst operationell eingesetzt wird, und zwar von konvektionsauflösenden Auflösungen (~2 km) bis hin zu Large-Eddy-Auflösungen (~150 m) für detaillierte Prozessstudien.
Autoren: Dr. Christian Barthlott, Lutz Beckebanze